Wo der Megatrend New Work zu kurz greift

Zwei Fragen wollte ich dem früheren Personalmanager Thomas Sattelberger unbedingt stellen: Was braucht es, damit wir gerne zur Arbeit gehen und was macht eine gute Führungskraft aus - überrascht hat mich nicht, dass er eine klare Meinung zum Megatrend New Work hat...

Vor diesem Podcast-Interview brannten mir zwei Fragen ganz besonders unter den Fingernägeln – aber zunächst einmal zu meinem Gesprächspartner: Thomas Sattelberger hat als Topmanager in großen Konzernen gearbeitet, u. a. als Personalvorstand bei Conti und der Telekom. Er gilt als Erfinder zahlreicher innovativer personalpolitischer Maßnahmen und wurde von der Fachzeitschrift Personalmagazin fünfmal in die Liste der `40 führenden Köpfe im Personalwesen´ aufgenommen. Mit 67 stellte er dann fest, dass er noch zu frisch für den Ruhestand ist und er spürte, dass seine Talente noch nicht vollumfänglich ausgeschöpft waren – es zog ihn in die Politik. Diese biografische Entwicklung – vom Manager zum Politiker – macht ihn zu einem Andersmacher. In Folge 57 sprachen wir deshalb ausführlich über seine Vita und Lebensphilosophie. Nun zur ersten Frage, die ich unbedingt loswerden wollte…

Was braucht es, damit wir gerne zur Arbeit gehen?

Thomas Sattelberger vermeidet zunächst die Verallgemeinerung seiner Einschätzung und führt aus, was es in seinem beruflichen Leben braucht, damit er gerne zur Arbeit geht:

1.    „Ich brauche das Gefühl, dass ich mich an etwas Spannendem abarbeiten kann.“

2.    „Ich muss das Gefühl haben, dass ich mit der Bewältigung meiner Aufgabe etwas Sinnvolles erreiche.“

Spannung und Sinn – zwei Anforderungen an eine berufliche Aufgabe, die wohl viele von uns teilen. Während beide Anforderungen einen hohen individuellen Charakter haben, möchte ich ergänzen, dass Sinn übrigens nicht mit Spaß zu verwechseln ist – gegen Kickertische und sonstige dekorative Elemente ist nichts einzuwenden, aber sie können Sinnlosigkeit nur unzureichend kaschieren. Im Weiteren sieht Thomas Sattelberger ein:

„Arbeit kann nicht immer faszinierend, spannend und sinnvoll sein.“

So viel Bezug zur Realität muss sein. Aber sofern es sich in der „Grundidee“ um eine spannende und sinnvolle Aufgabe gehandelt hat, war er immer bereit, träge Routinearbeiten als Nebenprodukt in Kauf zu nehmen. An dieser Stelle bietet sich eine geistige Dehnübung an:

1.    Was genau empfindest du als spannend bei deiner Arbeit?

2.    Was bedeutet es für dich persönlich, etwas Sinnvolles zu tun?

Wo die New Work Debatte zu kurz greift

Wenn ich Menschen davon erzähle, dass ich Unternehmen dabei helfe, dass ihre Mitarbeiter gerne zur Arbeit gehen, höre ich nach wenigen Sätzen häufig: „Ja, wie soll das denn bei Mitarbeiter an einem Fließband oder bei sonstigen einfachen Tätigkeiten funktionieren?“ Mein Gesprächspartner, ein mit allen Wassern gewaschener Personalmanager, trifft an dieser Stelle eine klare Aussage:

„Die New Work Debatte greift zu kurz, wenn sie sich nur auf die Kreativ- und Wissensarbeit bezieht.“

Damit jemand seinen Job im Bereich der Kreativ- und Wissensarbeit gerne macht, geht es seiner Meinung nach um Sinn, die Attraktivität der Aufgabe und vor allem um den Einklang zwischen Fähigkeit und inhaltlicher Herausforderung. Jedoch wird im Zuge von New Work häufig vergessen, dass es bei gewerblich-technischen Berufen ganz anders aussieht: Dort sind Prozesse stark getaktet, Abläufe werden streng gesteuert und Menschen eher wie Objekte behandelt.

„Entscheidend ist hier, wieviel Beteiligung der Mitarbeiter bei der Gestaltung der Prozesse hat, wie Kollegialität erlebt und welche Art von Führung ihm entgegengebracht wird.“

Ohnehin erinnert ihn die ganze New Work Debatte an die „Humanisierung der Arbeitswelt“ Ende der 80er Jahre. Der Trend, um mehr Raum für Persönlichkeitsentwicklung und Selbstverwirklichung zu schaffen, konnte sich leider aufgrund der aufkommenden Ideologie des Shareholder Values nicht ganz entfalten. Ganz konkret erinnert sich Thomas Sattelberger noch an den 1995 erschienenen Spiegel-Artikel „Profit, Profit, Profit“, der für ihn einen Paradigmenwechsel einläutete.

In dem Artikel ging es um Jürgen Schrempp, den neuen Vorstandsvorsitzenden von Daimler Benz, der ankündigte, dass Visionen nicht länger gefragt sind, da künftig nur noch der Gewinn zählt. Nach 10 Jahren, der Vernichtung von Milliarden und einem gescheiterten Konzernumbau zog sich Deutschlands höchstbezahltester Manager 2005 zurück. Berüchtigt war Schrempp für seine harten Führungsmethoden, die Kritiker häufig als Wildwest-Stil bezeichneten – naheliegend, dass ich Thomas Sattelberger meine zweite Frage stellte, die mir unter den Fingernägeln brannte…

Was macht eine gute Führungskraft aus?

Für den erfahrenen Personalmanager, der Kompetenzprofile für Führungskräfte immer „bescheuert fand“, zeigt sich gelungene Führung immer erst am Schluss:

„Wenn die Menschen sagen, es war eine gute Zeit oder wenn Mitarbeiter stolz sind, in einem Bereich zu arbeiten, kann man von ordentlicher Führung sprechen.“

Die Zutaten dieser „ordentlichen Führung“ sind seiner Erfahrung nach sehr unterschiedlich. Ob jemand beispielsweise eng oder mit viel Freiraum führt, ist nicht entscheidend, solange der Respekt vor dem Menschen in seiner Mitarbeiterrolle der gemeinsame Nenner aller unterschiedlichen Führungseigenschaften ist.

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Dr. Aaron Brückner
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